Rekorde über Rekorde

Dominoeffekt
Es ist zum Verrücktwerden: Der November geht mit einem Temperaturrekord zu Ende, katapultiert dadurch den Herbst an die Spitze und macht 2014 nun endgültig zum wärmsten Jahr der Aufzeichnungsgeschichte!

Normal ist nicht genug
Dabei hätte es für den Jahresrekord an sich schon gereicht, wenn der November bloß normal verlaufen wäre. Aber nein, der November muss selbst natürlich auch einen Rekord aufstellen – er war (wie kann’s anders sein) der wärmste seit Messbeginn 1767, Abweichung +3,6°C! Damit liegt er über dem bisherigen Spitzenreiter aus dem Jahre 1926 (+3,4°).

Sensationsherbst
Zusammen mit September und Oktober, die ebenso sensationell performten, ist es also kein Wunder, dass auch der Herbst in Summe noch nie wärmer war als heuer (Abweichung +2,2°). Wobei im Falle des Herbstes der wärmste noch gar nicht so lang zurückliegt: Bisheriger Rekordhalter war der aus dem Jahre 2006 (Abweichung +2,0°).

Temperaturabweichung Herbst 2014

Temperaturabweichung Herbst 2014. Österreichweit war der Herbst deutlich zu warm – in Summe gar der wärmste seit 1767 (Graphik: ZAMG)

Rekord de luxe
Diese hohe Novemberabweichung bedeutet aber auch, dass sich in der Jahresstatistik ordentlich was tun muss – eh klar, diese ist ja der Mittelwert aus den Monatsabweichungen. Wenn nun aber schon ein November-Nuller (also keine Abweichung) für einen Jahresrekord gereicht hätte – dann ist leicht vorstellbar, was nun der fast 4er anrichtet: Er setzt dem Ganzen die Krone auf!

Temperaturabweichungen in Österreich 2014

Das Jahr 2014 war in Österreich (fast) durchgehend zu warm! Monatsabweichungen der Mitteltemperatur und Platzierung in der Messgeschichte (Jänner und Feber Messbeginn 1768, sonst 1767; Daten: ZAMG, Graphik: ATV)

Rückblick
Blicken wir zurück: Die bisherigen Stockerlplätze gehen an die Jahre 1994 (Abweichung +1,2°), 2007 (das Jahr mit dem Winterreinfall des Jahrtausends – Abweichung +1,1°) sowie 2000 (Abweichung +1,0°) – man sieht, die Jahre liegen aller nur ein Zehntel Grad auseinander. 2014 allerdings hält derzeit (also ohne Dezember) bei einer Abweichung von wirklich unglaublichen +1,7° – maßgeblich dazu beigetragen hat nun eben dieser November. Damit wäre der alte Rekord nicht nur eingestellt, sondern gleich sprichwörtlich pulverisiert!

Wahnsinn!
Ich mein, lasst auch das auf der Zunge zergehen: Wir stehen davor, den alten Rekord (der Pi mal Daumen 1 Grad war) um die Hälfte (etwa ein halbes Grad) zu übertrumpfen – also gleich mal um 50%1! Selbst die größten Pessimisten hätten so ein Szenario wohl nie für möglich gehalten …

Doktorspiele
Damit ist es auch praktisch wurscht, was der Dezember bringt; er wird höchstens bei den Nachkommastellen noch ein bisschen herumdoktorn können. Denn um den Rekord selbst noch zu verhindern, müsste der Dezember schon außerordentlich kalt werden. Und zwar so kalt – wie es zuletzt in den 60ern des vergangenen Jahrhunderts war.

Das ist kalt!
Der Winter 1962/63 gehört dabei zu den kältesten Wintern in Europa – Abweichung in Österreich: -5,5°. Das hat ausgereicht, um selbst den Bodensee komplett (!) zufrieren zu lassen – einzigartig im 20. Jahrhundert! Hier ein paar Zahlen vom Dezember 1962 (in Klammer jeweils die Normalwerte):

        Frosttage3       Eistage3       Ø Min [°C]        Ø Max [°C]
Wien        27 (15)          15 (6)        -5,6   (-0,5)        -0,8 (+4,0)
Salzburg        29 (20)          18 (6)        -12,3 (-2,5)        -2,4 (+4,0)
Graz        28 (23)          20 (6)        -7,7   (-2,3)        -1,7 (+3,6)
Bregenz        25 (15)          14 (5)        -5,7   (-0,3)        -0,2 (+4,6)

 

Bodensee bei Lindau: Damals und heute

Die Hafeneinfahrt von Lindau am Bodensee (Deutschland) im Winter 1962/63 (links) und normal (rechts). Der See war damals komplett zugefroren! (Links: W. Stuhler / CC BY-SA 3.0, Quelle: Wikipedia, rechts: J. Herzog / CC BY 4.0, Quelle: Wikipedia)

Auf in den Winter!
Gäbe es so einen Dezember, ja dann wäre der Jahresrekord vom Tisch. Blöd nur, dass die Dezember seit den 60er nie mehr so kalt waren – nicht einmal annähernd. Naja – da hat der November also einiges vorgelegt. Und uns Meteorologen zum Staunen gebracht. Damit willkommen im Winter, der ja am 1.Dezember beginnt! Hoffen wir, dass er dieses Mal mehr drauf hat, als der letzte …

PS: Auch in vielen anderen europäischen Staaten bringt der November Rekorde, Europa steht damit im krassen Gegensatz zu den USA – die ja derzeit ihrerseits Rekordkälte widerfahren. Da sich nun das europäische „zu warm“ mit dem amerikanischen „zu kalt“ ausgleicht, steuern wir auch global weiterhin auf ein Rekordjahr zu!

Hinweis: Alle Abweichungen und Klimanormalwerte beziehen sich stets auf das Mittel 1981-2010.


Fußnoten:
1
Der Schmäh mit den 50% plus funktioniert natürlich nur, wenn wir uns auf der Celsius-Skala befinden. Im Falle der Absolut-Temperatur (also Kelvin) bewegen wir uns im Promille-Bereich :)

2 Bei Frosttagen liegt das Temperaturminimum unter Null Grad, bei Eistagen sowohl das Minimum, als auch das Maximum.

Dank an Alexander Orlik (ZAMG)

 

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