Sommer 2014 – Besser als sein Ruf!

Überraschung!
Der Sommer 2014 geht also zu Ende – der kühlste seit immerhin 9 Jahren. Doch wer nun glaubt, der Sommer sei deshalb zu kalt gewesen, der irrt. Und zwar gewaltig.

„Nur“ Platz 26
Blättert man die heutigen Zeitungen durch, gewinnt man ja fast den Eindruck, wir hätten sibirische Zeiten hinter uns. Doch das einzige, was man dem heurigen Sommer vorwerfen kann, ist, dass er es gewagt hat, nicht so heiß wie seine Vorgänger zu sein – und von denen haben es die meisten dummerweise in die Top Ten der wärmsten ever geschafft. Da kann der heurige natürlich nicht mithalten: unterm Strich Platz 26. Aber ist doch absurd zu glauben, dass jeder Sommer in die Top Ten kommen muss?! Außerdem, seien wir doch froh, dass es Platz 26 geworden ist! Hätte in der 247-jährigen Messreihe Österreichs (übrigens eine der längsten der Welt) auch Platz 211 oder so werden können – was dann wirklich sibirisch gewesen wäre.

Sommer-Ranking

Die wärmsten Sommer der österreichischen Messgeschichte (Graphik: wetterblog.at, Daten: ZAMG)

Schon vergessen?
Zugegeben, der August war eine kleine Frechheit: zu kühl, zu nass, zu wenig Sonne – das müssen auch Sommerverweigerer zugeben. Der Juli aber war als Ausgleich ein wenig zu warm – zwar ebenso nass, aber zu warm. Damit gleichen sich Juli und August schon ein wenig aus. Dann kommt da noch der Juni – vor allem Pfingsten! Erinnern wir uns: es war um die Feiertage abnormal heiß  – und zwar so massiv, dass die paar Hitze-Tage ausreichen (es waren lediglich 5), um den ganzen Sommer noch in die Top 30 der wärmsten ever zu hieven! Glücklich also die, die Im Juni Urlaub hatten. Pech für alle Augustler.

Temperaturabweichung Sommer 2014

Temperaturabweichung Sommer 2014. Im Mittel war der Sommer ein wenig zu warm (Karte: ZAMG)

Zweimal hinsehen
Über alle Sommermonate gemittelt, kommt so ein kleines Plus raus: +0,2° Abweichung – der Sommer war somit genaugenommen sogar zu WARM. Was im ersten Moment nicht nach sonderlich viel klingt, offenbart aber beim zweiten Hinsehen: Wir sind verwöhnt! Denn was den meisten einfach als ein Scheiß-Sommer in Erinnerung bleiben wird, wäre noch in den 80ern des vergangenen Jahrhunderts als ein Super-Sommer durchgegangen!

Klimawandel?
Um das zu verstehen, sollte man wissen, dass sich solche ominösen Abweichungen logischerweise auf was beziehen müssen – in der Regel auf einen bestimmten Referenzzeitraum. In diesem Fall sind das die Sommer 1981-2010. Der Sommer 2014 entspricht also mit +0,2° Abweichung dem klassischen Durchschnitt der letzten 30 Jahre. Geht man allerdings ein wenig zurück und nimmt eine andere Periode, zum Beispiel 1961-1990 (das ist übrigens die sogenannte Klimanormalperiode der Weltorganisation für Meteorologie), dann hätte der heurige Sommer die – et voila! – 6fache Abweichung (+1,2°). Ein schönes Beispiel also, dass die Sommer in Österreich seit den 80ern wärmer geworden sind – und ein klares Zeichen für ein sich änderndes Klima.

Noch eine Überraschung
Das erklärt auch, warum nun subjektiv der Eindruck da ist, dass der Sommer so kalt war. Die meisten haben, ob der letzten Jahre, schlicht und einfach eine falsche Sommer-Vorstellung im Kopf. Deshalb an dieser Stelle zum bereits x-ten Mal: Österreich ist nicht Spanien! Übrigens auch (oder gerade) nicht, was den Niederschlag betrifft. Bei uns regnet es nun mal auch im Sommer! Wer aber glaubt, es hat heuer zu viel geregnet, der irrt genauso.

Statistik, Baby!
Auch an dieser Stelle kann und möchte ich gar nicht in Abrede stellen, dass der August wirklich viele Regentage brachte. Dass aber der Juni gleichzeitig massiv zu trocken war (mit Ausnahme des Südens), haben bereits viele vergessen. Daher auch hier wieder eine einfache Milchmädchenrechnung: zu nass + zu trocken = normal. So funktioniert nun mal Statistik! Kann mich nicht erinnern, dass sich im Juni wer über die Trockenheit beklagt hätte. Btw: Vor allem Oberösterreich hat nach wie vor ein massives Niederschlagsdefizit, Linz kratzt gar am Trockenheitsrekord! (Der Fairness halber: Klagenfurt an Rekordniederschlägen.)

Niederschlagsabweichung Sommer 2014

NS-Abweichung Sommer 2014. Im Mittel keine Auffälligkeiten (Karte: ZAMG)

Willkommen im Herbst!
Wir sehen also: Wenn wer der Meinung ist, der Sommer war scheiße – auch scheiße kann relativ und vor allem subjektiv sein. Aber legen wir den Sommer nun ad acta und heißen den Herbst willkommen!  Klimatologisch gesehen ist der September noch ein sehr warmer Monat (ähnlich dem Mai), zudem gilt der Frühherbst in Österreich als trockenste Zeit des Jahres – ein enormer Vorteil gegenüber den Sommermonaten, die ja oft von Gewittern geprägt sind. Nachteil allerdings: Die Tage werden rapide kürzer, kühle Nächte sind die Folge. Aber wie sieht’s heuer aus?

Falsche Emanzipation
Und da zeigt sich: Gar nicht so schlecht! Denn wieder einmal stellt ein Ex-Hurrikan die europäische Großwetterlage um – beim letzten Mal hat uns das ja nur Nachteile beschert: Ex-Hurrikan Bertha war maßgeblich für unser Augustwetter verantwortlich. Diesmal dürften wir aber profitieren, Ex-Hurrikan Cristobal bringt uns nämlich das zurück, was uns Bertha genommen hat: den Sommer. Wir sehen also: ein Mann muss richtigstellen, was eine Dame verbockt hat ;)

Ein Hoch auf die Azoren!
Cristobal wird Anfang nächster Woche (als nunmehr Sturmtief) Island mit voller Wucht treffen, bevor er im Europäischen Nordmeer (an der skandinavischen Küste) Richtung Norden weiterzieht – anders noch als die liebe Bertha, die viel weiter südlich über die Nord-/Ostsee gezogen ist. Für uns bedeutet das: Platz frei für das Azorenhoch, das nun erstmals in diesem Sommer die Möglichkeit bekommt, bei unserem Sommerwetter mitzumischen!

Hurrikan Cristobal

Die Zugbahn von Hurrikan Cristobal, Karte vom 20. August 2014 (Karte: NOAA)

Daumen drücken
Hoffen wir also, dass es sich Cristobal – und vor allem das Azorenhoch – nicht anders überlegen. Aus jetziger Sicht deutet aber einiges auf ruhiges und warmes Spätsommerwetter hin. Da dies auch länger anhalten könnte, als nur ein paar Tage, könnte der September somit wieder einiges gut machen. Würde mich nicht wundern, wenn er am Ende sogar besser dasteht, als der August …

PS:  Astronomische Jahreszeitenanfänge (also wie sie in jedem Kalender stehen) definieren sich über Äquinoktium (Tag-Nacht-Gleiche) und Solstitium (Sonnenwende), der astronomische Sommer dauert demnach vom Sommersolstitium (in der Regel 21. Juni) bis zum Herbstäquinoktium (in der Regel 23.September). Nun ist das Sonnenjahr dummerweise länger als das Kalenderjahr (aus diesem Grund gibt es auch die Schaltjahre) – ergo verschieben sich Äquinoktium und Solstitium von Jahr zu Jahr um ein paar Stunden. Daraus resultiert, dass die astronomischen (kalendarischen) Jahreszeitenanfänge nie konstant sein können – was wiederum für Klimatologen recht nervig sein kann – in einem Jahr zählt der 22. September  bereits zum Herbst (beispielsweise 2012, 2013), im nächsten noch zum Sommer (wie heuer). Wir Meteorologen machen uns deshalb die Sache einfacher, indem wir sagen, dass Jahreszeiten einfach mit dem Ersten eines Monats beginnen (1. März, 1. Juni, 1. September, 1. Dezember) – was Sinn macht, wer würde den Dezember subjektiv noch zum Herbst zählen? Oder den März zum Winter? Eben! Somit verwende ich in meinen Blogs grundsätzlich die meteorologische Definition, was ich aber nicht jedes Mal von neuem thematisieren möchte.

Dank an Alexander Orlik (ZAMG)

 

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