Winter-Halbzeit

Déjà-vu
Die letzten Dezembertage haben eindrucksvoll gezeigt, wie denn nicht ein Winter auszusehen hat: österreichweit Dauerfrost und Schnee bis ins Flachland. Das war’s dann aber auch schon, denn mit Ausnahme dieser einen Kältewelle, war der Winter sonst nur eins: ausgesprochen warm! Damit steht der heurige dem letzten um nichts nach – eine traurige Meisterleistung.

Erinnerungen
Wir erinnern uns: Der Winter 2013/14 ist als 2twärmster Winter in die österreichische Messgeschichte eingegangen – aufgrund der ewigen Südföhnlagen. Das Resultat: Die Südalpen sind im Schnee versunken, die Nordalpen – und damit große Teile Österreichs – hatten eklatanten Schneemangel.

West statt Süd
Heuer mischt der Südföhn zwar selten mit, stattdessen allerdings haben wir unentwegt Westwetterlagen – genauso oarsch. Denn, wie der Name schon impliziert, kommt bei solchen Lagen die Luftmasse aus Westen und ist damit atlantischen Ursprungs – feucht aber mild. Blöd, dass der Atlantik in Küstennähe heuer besonders warm ist, genauso wie übrigens auch die Nord- und Ostsee.

Wenn Vorteile flöten gehen …
Winter vom Typus „West“ kommen in Europa immer wieder vor – nichts Ungewöhnliches, praktisch alle Winterstürme der vergangenen Jahre haben wir einer solchen Wetterlage zu verdanken. Das westliche Bergland (vom Arlberg bis ins Salzkammergut) kann recht häufig von solchen Lagen profitieren, denn feuchte Luftmasse bringen viel Niederschlag und da auf den Bergen „mild“ ja nicht gleich „warm“ bedeutet, oft auch in Form von Schnee. Heuer allerdings hat die Alpennordseite genau gar nichts davon (zumindest bisher): Niederschlag hätten wir zwar genug, bloß lag die Schneefallgrenze auffällig oft ungewöhnlich hoch. Und die Südalpen schauen bei solchen Lagen sowieso durch die Finger.

St.Veit im Defereggen

St.Veit im Defereggental (Osttirol) in etwa 1500 Meter Höhe am 14. Jänner 2015 nachmittags. Aufgrund der wiederholten Westwetterlagen hat der Süden Österreichs derzeit das größte Nachsehen punkto Schnee (Foto: foto-webcam.eu)

Wenig ist (fast) nichts
Damit darf es nicht verwundern, dass es unterhalb von 2000 Metern  punkto Schnee eher trist aussieht und auch darüber hat man schon mal mehr Schnee gesehen. Beispiel Arlberg: Der Galzig meldet mit 14. Jänner 118 cm Gesamtschneehöhe – nicht berauschend, aber ok. St. Anton hingegen meldet 6 cm, was dann doch eher mickrig ist. Statistisch gesehen bringt es der Wintersportort im Jänner auf 24 Tage mit einer ordentlichen Schneedecke (>20 cm) – heuer ist es bisher kein einziger. So oder so ähnlich geht es auch den übrigen Regionen des Landes.

Trotz Kälte, warm!
Zurück zu den Temperaturen: nur einmal hat bisher die Strömung auf Nord/Nordost gedreht – in der letzten Dezemberwoche. Eine Kältewelle war die Folge, die in vielen Regionen Österreichs gar die kältesten Tage des gesamten Jahres 2014 brachte! Trotzdem – und das ist mehr als beachtlich – hat es der Dezember auf Platz 11 der wärmsten ever geschafft. Nicht nur das, mit einer Abweichung von +2,5° war er sogar deutlich wärmer als der Dezember 2013 (Abweichung +1,5°)!  Wenn es trotz einer Kältewelle (die sogar ihren Namen verdient) noch ein solches Endergebnis gibt, kann man sich ausmalen, wie absurd warm es davor gewesen sein muss …

Temperaturabweichung Dezember 2014

Temperaturabweichung Dezember 2014 vom langjährigen Mittel (81-10). Trotz einer massiven Kältewelle Ende des Monats war es österreichweit deutlich zu warm! (Graphik: ZAMG)

Rekorde
Die Hoffnung (oder Befürchtung – je nachdem), dass mit dem kalten Jahresende auch der Winter in Fahrt kommt, wurde mit dem Jahreswechsel schnell zunichte gemacht. Bereits mit dem Neujahrstag setzte wieder Tauwetter ein, das (mit Unterbrechungen) bis heute anhält und seinen Höhepunkt am 10. Jänner 2015 fand: Fast 22 Grad in Kärnten und der Steiermark – in der 247-jährigen Messgeschichte Österreichs war dies der wärmste Jännertag (wie übrigens auch in Deutschland und in Südtirol). Der alte österreichische Rekord von 20,6 Grad aus Berndorf (NÖ) aus dem Jahre 2002 wurde gleich von mehreren Stationen eingestellt:

Obervellach K   21,7°
Graz ST Strassgang        21,7°
Flughafen 21,4°
Universität 21,0°
Köflach ST   21,5°
Golling S   21,1°
Salzburg S Freisaal 20,9°
Flughafen 20,8°
Deutschlandsberg ST   20,7°
Leibnitz ST   20,7°

An 35 weiteren Messstationen wurden neue Monatsrekorde erzielt (darunter Bregenz und Linz)!

Match um Silber
Jetzt kann nur noch ein kalter Feber das Ruder rum reißen und verhindern, dass auch dieser Winter sich unter die wärmsten der Messgeschichte reiht. Enttäuscht allerdings auch der Feber, dann matcht sich dieser Winter mit dem vergangenen um Platz 2 – und damit würden auf allen Stockerlplätzen Winter dieses Jahrtausends stehen …

PS: Westwetterlagen bringen im Winter gern mildes Wetter, im Sommer allerdings kühles. Der letzte Sommer beispielsweise wurde durch eine solche vorzeitig beendet – ausgleichende Gerechtigkeit?

Dank an Alexander Orlik (ZAMG), Thomas Kumpfmüller (AustroControl) und Clemens Grohs (MeteoGroup)

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