Danke, Jänner!

Da schau her!
Mild, sonnig, schneearm – die Bilanz des diesjährigen Winters. Richtig gelesen, mild! Und das, trotz kalten Jänners. Wie das? Nun, zum Winter gehören nun mal 3 Monate, und während der Jänner halt einfach bloß kalt war, reiht sich der Feber unter die wärmsten der österreichischen Messgeschichte. Der Winter 2016/17 im Rückblick.

So muss Winter! Der Jänner 2017 brachte österreichweit Winterwetter wie aus dem Bilderbuch, hier der Blick auf Saalfelden (S) am 25.01.2017 (Bild: foto-webcam.eu)

Kalt wie lange nicht mehr
Ich gebe zu, nach diesem Jänner hätte nicht mal ich gedacht, dass der Winter es noch schaffen könnte, positiv zu bilanzieren. Wie denn auch? Im Flachland war es so kalt wie schon seit 11 Jahren (2006) nicht mehr, in manchen Regionen West- und Südösterreichs, wie auch generell im Bergland, muss man überhaupt ins Jahr 1987 zurück, um einen kälteren Jänner zu finden! Zwar waren wir weit weg von irgendwelchen Kälterekorden, unterm Strich aber war dieser Jänner winterlicher als die letzten 2 Winter zusammen. Kein Schmäh! Die Anzahl der Eistage (also jener Tage, an denen es ganztags frostig bleibt) beweist dies eindrucksvoll.

Ort Bundesland, Höhe Jänner 2017 Winter 2015/16 Winter 2014/15
Wien – Hohe Warte W, 198 m 20 8 6
Linz – Stadt OÖ, 262 m 20 7 5
Innsbruck – Flughafen T, 578 m 15 4 9
Salzburg – Freisaal S, 418 m 14 2 4
Graz – Uni ST, 367 m 14 8 4

So kann man sich irren
Zur Halbzeit hat es sogar noch danach ausgesehen, dass dieser Winter wohl einer der kältesten dieses Jahrhunderts werden könnte (nachzulesen unter Winter-Halbzeit). Das war gar nicht so abwegig, hat der Jänner mit einer Abweichung von -2,9° seinem Namen als Hochwintermonat doch alle Ehre gemacht und eindrucksvoll gezeigt, dass es in Zeiten des Klimawandels selbstredend mal kalt sein darf – ungeachtet des medialen Aufschreis. Apropos: Ist euch aufgefallen, dass sich die Medien wochenlang über die Jännerkälte echauffiert, zur Feburarwärme aber kein Wort verloren haben? Eigenartig, hat doch der Februar geschafft, was dem Jänner verwehrt blieb: Temperaturrekorde!

Mediales Desinteresse
Am 23. Februar hat Salzburg mit 21,9° einen neuen Februar-Stationsrekord und damit gleichzeitig auch die österreichweit höchste Temperatur des gesamten Winters aufgestellt. Nur damit wir uns verstehen: Werte jenseits der 20-Grad-Marke sind Frühsommertemperaturen! Die Mozartstadt war an diesem Tag gleich warm, wenn nicht gar wärmer, als der gesamte Mittelmeerraum – in den Medien aber kein Wort davon, und wenn doch, dann Freudenhymnen. Wieder mal ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie sehr die kollektive Wahrnehmung im Wandel ist: Ein kalter Hochwinter regt auf, Frühsommer aber ist ok. Absurd.

Sommer im Winter
Neben Salzburg haben übrigens noch eine Hand voll weiterer Stationen an diesem Tag Februargeschichte geschrieben, darunter auch der Süden Wiens (Station Unterlaa, 20,2°), bzw. waren knapp dran, wie Innsbruck (Station Universität, 20,9°). Andere wiederum haben den Rekord eingestellt, zum Beispiel Weyer in Oberösterreich (21,3°) – interessant dabei, dass die alten Rekorde bei all diesen Stationen erst im letzten Jahr aufgestellt wurden! Einzig der österreichweite Februarrekord blieb unerreicht, der stammt aus dem Jahre 1990 (Altenmarkt / NÖ) bzw. ebenso 2016 (Pottschach / NÖ) mit 23,2°.

Zwei zu eins
Da auch der Rest des Monats mehr frühlinghaft denn winterlich war, bilanziert dieser Februar mit einer österreichweiten Abweichung von +2,9° und reiht sich damit auf Platz 12 der wärmsten seit 1768. Der Dezember hat sich ebenfalls punkto Wärme nicht lumpen lassen: Abweichung +1,9° – so kalt der Jänner also auch war, den Wärmeüberschuss seiner Monatskollegen kann er nur zum Teil kompensieren. Unterm Strich also ein leichtes Plus für den Winter 2016/17.

  2016/17 2006/07 2015/16 2013/14
wärmster Winter 2-wärmster Winter 3-wärmster Winter
Dezember +1,9° +2,4° +4,5° +2,2°
Jänner -2,9° +4,3° +1,3° +2,9°
Feber +2,9° +3,7° +3,6° +2,9°
Winter +0,6° +3,5° +3,1° +2,7°

Warm – kalt – warm: Der Winter 2016/17 brachte im Dezember und Februar viele überdurchschnittlich warme Tage (rote Farbtöne) und im Jänner lange Kälteperioden (blaue Farbtöne). Im Bild als Beispiel der Temperaturverlauf vom Sonnblick (S), Quelle: ZAMG.

Weder flüssig noch fest
Ein großes Minus gibt’s hingegen beim Niederschlag: Der heurige Winter war der trockenste seit genau 20 Jahren und geht mit einer österreichweiten Abweichung von -45% als einer der niederschlagsärmsten in die österreichische Aufzeichnungsgeschichte (1858) ein. In Teilen Österreichs (Hausruckviertel, Osttirol, Oberkärnten) sind nicht mal 20 % der sonst üblichen Niederschlagsmengen gefallen! Ein Niederschlagsdefizit dieser Größenordnung mag im Winter freilich nicht so dramatisch sein wie beispielsweise im Sommer (Stichwort Vegetation), doch eins ist offensichtlich: Wo kein Niederschlag, da kein Schnee.

Niederschlagsabweichung in % vom langjährigen Mittel 1981-2010. Der Winter 2016/17 war landesweit viel zu trocken! (Bild: ZAMG)

Flockenmangel
Praktisch landesweit gab es nur halb so viel Neuschnee wie normal, selbst im Hochgebirge ist das Minus eklatant! Nicht ganz 4 Meter sind beispielsweise am Sonnblick (S), Österreichs wichtigster Gipfelstation, zusammengekommen. Klingt viel? Mag sein, im Mittel ist es hier oben aber das Doppelte! Im südlichen Bergland ist das Minus noch dramatischer: Auf der Villacher Alpe (K) etwa, gab es gerade mal einen halben Meter und damit 2/3 weniger als gewöhnlich! Ein paar Zahlen vom Flachland: Absoluter Pechvogel das Südburgenland, die Gemeinde Wörterberg (B) bilanziert mit heißen 5 cm, das entspricht einem Minus von 89%. Nicht viel schneereicher Graz mit 7 cm (-83%) oder Lienz mit 16 cm (-75%). Wien hat übrigens insgesamt 27 cm (-48%) abbekommen.

Ort  Bundesland, Höhe Neuschneesumme Abweichung
Sonnblick S, 3109 m 395 cm -41 %
Villacher Alpe K, 2117 m 48 cm -68 %
Bad Gastein S, 1092 m 108 cm -43 %
Seefeld T, 1182 m 135 cm -47 %
Schröcken V, 1244 m 251 cm -49 %
Langen / Arlberg V, 1221 m 228 cm -49 %
Wörterberg B, 404 m 5 cm -89 %

Hinweis: In der Nacht zum 1. März ist noch Neuschnee gefallen, dieser zählt aber nicht mehr für die Winterbilanz und ist daher nicht berücksichtigt.

Und wieder: Zwei zu eins
Übrigens ist das meiste, das vom Himmel kam, im Jänner gekommen! Beispiel Innsbruck (T) und Salzburg (S): Beide Landeshauptstädte haben den schneereichsten Jänner der letzten Jahre hinter sich (Innsbruck den schneereichsten seit 1981, Salzburg den seit 2004), Dezember und Februar aber haben kaum was dazugeliefert. Ganz ähnlich in vielen Wintersportorten, Beispiel Seefeld (T): Im Dezember so gut wie nix, im Jänner überdurchschnittlich viel, im Februar kaum noch was. Generell lässt sich sagen (freilich immer mit Ausnahmen): Der Jänner war der Schneemonat in diesem Winter – unterm Strich aber ist ein braver Monat ist zu wenig. Wenn seine Kollegen nicht mitspielen, kann auch ein schneereicher Jänner pfeifen gehen.

Innsbruck hat den schneereichsten Jänner seit 36 Jahren hinter sich! Dezember und Februar hingegen blieben schneelos. Ein Webcambild vom 28.01.2017, Quelle: foto-webcam.eu

Take me where the sun is shining
Warum der Niederschlag und damit der Schnee heuer ausgeblieben sind? Nun, aufgrund der ewigen Hochdrucklagen! Somit darf es nicht verwundern, dass Schnee zwar Mangelware war, alle Sonnenliebhaber aber voll auf ihre Kosten gekommen sind: Der Winter 2016/17 hievt sich auf Platz 3 der sonnigsten Winter der österreichischen Messgeschichte (seit 1925), mancherorts war dies überhaupt der sonnigste! So in Innsbruck (T), das mit 415 Stunden gleich mal auf ein Sonnenplus von unglaublichen 75% kommt und den bisherigen Rekord vom Winter 2007/08 um gut 10 Stunden überboten hat.

Fake News
Zusammenfassend hat der diesjährige Winter etwas vollbracht, das die letzten durch die Bank missen haben lassen: Er war zumindest einen Monat lang winterlich. Der Jänner mag von den Medien zerrissen worden sein, und das, mit teils abstrusen Argumenten: Von den armen Viechern im Wald, die ob der Kälte leiden (ernsthaft ein Beitrag in der Zeit im Bild!), bis hin zu Meldungen, wie existenzbedrohend hoch denn nicht heuer die Heizkosten steigen würden. Unterm Strich aber hat der Jänner einfach nur seinen Job gemacht. Und zwar so gut, wie seit Jahrzehnten nicht mehr.

PS: Sollte sich wer fragen, warum wir Meteorologen jetzt schon den Winter ad acta legen: Mit 1. März beginnt für uns der Frühling! Dass Meteorologen grundsätzlich mit Monatserstem in eine Jahreszeit starten, ist weltweite Norm und wurde 1958 von der Weltorganisation für Meteorologie der Vereinten Nationen eingeführt.

Dank an Alexander Orlik (ZAMG)

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