Die FPÖ und der Klimawandel

Die FPÖ weiß es besser!
Barack Obama hat es getan, Papst Franziskus hat es getan, Angela Merkel tut es schon länger: Den Klimawandel als reales Problem anzuerkennen. Nicht so die Umweltsprecherin der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), Susanne Winter: Diese sieht im Klimawandel ein „Lügengebäude“, wie sie erst kürzlich im österreichischen Parlament von sich gab.

Fakt ist …
Freilich weiß sie das auch zu begründen, und schießt in ihrem bedenklichen Monolog gleich mal ein paar „Fakten“ nach, die allesamt von einer schlecht gemachten Verschwörungstheorie-Seite im Netz stammen könnten (was vermutlich auch so ist). All die folgenden Zitate beginnen stets mit Fakt ist, …

Susanne Winter

FPÖ Umweltsprecherin Susanne Winter am Plenarpult des österreichischen Parlaments, Nationalratssitzung 08.07.2015 (Quelle: ORF)

 

… der Weltklimarat (IPCC) ist ein zutiefst politisches Gremium.

Falsch! Der Weltklimarat der Vereinten Nationen steht zwar allen Staaten offen, die Mitglied bei der WMO (Weltorganistaion für Meteorologie) oder UNEP (Umweltprogramm der Vereinten Nationen) sind, die Berichte des Weltklimarates (die berühmten IPCC-Reports) werden aber ausschließlich von Wissenschaftern erstellt, wobei der IPCC gar nicht selbst forscht, sondern lediglich den aktuellen Wissensstand zusammenträgt. Kein Wissenschafter der Welt (außer er ist geschmiert) würde sich von irgendeinem Politiker dreinpfuschen lassen – unwahrscheinlich, dass über 800 Autoren, die über 9000 Studien zitieren, wobei die einzelnen Artikeln wiederum bis zu 3x begutachtet werden, allesamt Schmiergelder kassieren! Der Report ist – wenn man so will – lediglich eine Zusammenfassung des aktuellen Wissensstandes, in der keine einzige (!) Empfehlung oder gar Forderung an die Politik enthalten ist. Außerdem: Politische Einflüsse würden doch versuchen zu beschönigen, oder? Warum sich also aufregen, wenn der IPCC politisch wäre?

… das Klima hat sich seit Anbeginn der Zeit immer verändert, auch ohne Existenz der Menschen.

Richtig! Nur: Dafür waren immer Faktoren zuständig, die erst in Folge zu einer Änderung der Treibhausgase und damit der Oberflächentemperatur geführt haben (wie Vulkanausbrüche, Plattentektonik, Sonne). Heute allerdings ist es genau umgekehrt: Treibhausgase sind nicht Folge, sondern Ursache, die Treibhausgaskonzentrationen sind heute gar auf dem höchsten Stand seit (mindestens) 800.000 Jahren! Und wer, liebste Frau Winter, ist für diesen Anstieg verantwortlich? Der Heilige Geist?

Susanne Winter auf Facebook

FB-Eintrag von Susanne Winter, abgerufen am 09.07.2015 (Quelle: Facebook)

 

… es gibt keinen wissenschaftlichen Beweis für einen kausalen Zusammenhang zwischen der CO2-Konzentration der Luft und der Veränderung des Klimas.

Falsch! Denn ohne CO2 würde auch die FPÖ auf diesem Planeten nicht existieren! CO2 ist nämlich nicht von Grund auf böse, im Gegenteil – es macht diesen Planeten erst lebenswert, indem es die Oberflächentemperatur von -18° auf etwa +15° anhebt. (Gut so, denn sonst wäre die Erde ein Schneeball.) Bedenkt man, dass der Anteil von CO2 in der Luft bloß ein paar Promille beträgt (aktuell 0,04%), dann ist leicht vorstellbar, dass auch minimalste Änderungen Auswirkungen haben müssen. Eine Erkenntnis, zu der man bereits Ende des 19. Jahrhunderts gelangt ist – und die im Februar dieses Jahres auch in natura bewiesen werden konnte.

… alle Insekten des Globus produzieren 1000x mehr CO2 durch die Atmung als die gesamte Menschheit mit ihrer globalen Industrie.

Falsch! Oder vielleicht stimmt die Grundaussage sogar – hab’ ich nicht nachgeprüft. Schlussfolgerung daraus wäre aber: die Atmung egal welches Lebewesens (also auch die des Menschen) fördere den Klimawandel. Für Polemik gut zu gebrauchen – nur leider Unfug. Denn Atmung gehört zum natürlichen Kohlenstoffkreislauf: Wir atmen Sauerstoff ein, der vorher aus Kohlendioxid von Pflanzen erzeugt wurde. Wir atmen Kohlendioxid aus, aus dem Pflanzen wieder Sauerstoff machen. Ein Nullsummenspiel! Genauso wie auch das Verbrennen von Holz kein zusätzliches CO2 erzeugt. Oder das Rauchen. Nur wenn ZUSÄTZLICHES CO2 in die Atmosphäre gebracht wird, steigt die Konzentration an – zum Beispiel durch das Verbrennen von Kohle. Warum? Kohle ist gebundenes CO2, vor Jahrmillionen der Atmosphäre entzogen. Durch Verbrennung setzen wir dieses wieder frei – geben der Atmosphäre also den Anteil zurück, den sie vor Ewigkeiten mal hatte. Und öffnen damit das Tor zur Hölle.

… im Hochmittelalter (900-1300 v. Chr.) war in Europa das Klima um ein bis zwei Grad wärmer als heute.

Der Uraltschmäh von Klimawandel-Leugnern. Und richtig! Zumindest für Europa. Denn in anderen Teilen der Welt war es kühler. Der Rest ist einfache Mathematik: Sehr warm + zu kühl = etwas zu warm. Heute wissen wir: Zu Zeiten des mittelalterlichen Klimaoptimums, lag die Temperatur (global gesehen) in etwa auf dem gleichen Niveau, wie zu Anfang des 20. Jahrhunderts. In Summe also ist diese Aussage eine klassische Halbwahrheit.

Mittelalterliches Klimaoptimum

Rekonstruierte Temperaturabweichung der Nordhalbkugel für die letzten 2000 Jahre. Schön zu sehen: Das mittelalterliche Klimaoptimum war warm, das 21. Jahrhundert ist wärmer (Quelle: ZAMG).

 

… das globale Klima hat sich seit dem Jahre 1998 nicht mehr erwärmt.

Falsch! Ich sag nur: 2014 war global des wärmste Jahr der Aufzeichnungsgeschichte. 2015 ist auf gutem Weg, dies zu überbieten. Auf Platz 2 folgt übrigens 2010, auf Platz 3 2005. Noch Fragen?

Conclusio
Wir sehen also: Weder der US-Präsident noch das katholische Kirchenoberhaupt sind der „Propaganda“ (Zitat!) der Meteorologen erlegen. Die Dame glänzt halt nur durch Unwissenheit, wie die meisten Granden der FPÖ.

 

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