Sommer 2018: Endlich ein Ende!

Fast am Stockerl
Und wieder reiht sich ein Sommer unter die wärmsten der österreichischen Messgeschichte! Der Sommer 2018 geht als der nunmehr viertwärmste zu Ende und schließt damit nahtlos an die “Jahrhundertsommer” der Jahre 2003, 2015 und 2017 an. Das Interessante dabei: Auch ohne August-Hitze wäre ein Spitzenplatz drin gewesen! Die Bilanz eines Sommers, der bereits im April seinen Anfang nahm und damit zum längsten der österreichischen Messgeschichte wurde.

Frostiger Rückblick
Erinnern wir uns: Noch nie in der Messgeschichte unseres Landes waren wir so schnell vom Winter im Sommer wie heuer. Sowohl zum klimatologischen (1. März) als auch astronomischen Frühlingsstart (20. März) hatte noch Väterchen Frost das Sagen; mit -1,9° Höchstwert am 19. März 2018 verzeichnete selbst Wien noch einen sogenannten Eistag (Höchstwert ≤ 0°) – so spät im Jahr so kalt war es zuletzt 1962! Beachtlich. Doch weit beachtlicher die Rasanz, mit der wir danach in den Sommer gedüst sind: Bereits am 09. April hat die Bundeshauptstadt auch schon den 25er geknackt, per definitionem die Marke für einen Sommertag. Das macht gerade mal 21 Tage zwischen letztem Eis- und erstem Sommertag – Rekord.

Kein Einzelfall
Nun wäre die Sache ja nicht weiter dramatisch (Sommertage im April sind zwar selten, kommen aber ab und zu mal vor), wenn das Ganze bei einem kurzen Sommerschnuppern geblieben wäre. Heuer aber wurde aus dem “ab und zu” gleich mal Dauerprogramm: Mit Ausnahme von Innsbruck und Salzburg brachte dieser April nicht nur in allen Landeshauptstädten eine Rekordzahl an Sommertagen, auch die ersten heißen Tage (Höchstwert ≥ 30°) des Jahres sollten bald folgen – am 20. April in Salzburg, am 21. April in Wien. Für Salzburg der zweitfrüheste 30er der Messgeschichte (Rekord: 17. April 1934), für die Bundeshauptstadt der früheste (bisheriger Rekord: 29. April 2012). Am Ende also nicht nur nicht im Rekordtempo in den Sommer, sondern gleich mal in den Hochsommer. Beispiellos!

Der April 1800 findet in alten Chroniken Erwähnung. Aus: Erstaunende Naturmerkwürdigkeiten im Jahre 1800; R. Zwierlein, 1804.

Hitze Bonaparte 
Da verwundert es wenig, dass der April unterm Strich als einer der extremsten Monate überhaupt in die Bilanz eingeht: Mit einer unglaublichen Abweichung von +4,7° gibt es in den Klimabüchern nur einen einzigen Monat (von immerhin 3020), der noch extremer abgeschnitten hat, und zwar der April 1800 – damals betrug die Abweichung sogar +5,7°. Diese Frühjahrshitze ist in alten Chroniken gut dokumentiert – zu einer Zeit, in der sich halb Europa gegen das napoleonische Frankreich verbündet hat und in den Krieg gezogen ist. Anders als bei der Napoleon-Sache kehrte beim Wetter damals aber rasch wieder Normalität ein, was zu der paradoxen Situation führte, dass der Juni 1800 sogar kälter als der April war.

Caliente Viena
Heuer hingegen kann von “Normalisierung” keine Rede sein, im Gegenteil, es wurde Monat für Monat noch wärmer. Nach dem April hat auch der Mai gezeigt, dass er doch viel lieber ein Sommermonat wäre und war so warm wie seit 150 Jahren nicht mehr. Das ist gleich doppelt beachtlich, da just der Mai jener unter den Frühlingsmonaten ist, der sich punkto Klimawandel bislang noch halbwegs unbeeindruckt zeigt. Wie absurd warm es dabei war, zeigt der Vergleich zwischen Wien und Sevilla ganz anschaulich; bedenkt dabei: Sevilla in Andalusien (Südspanien) gilt als einer der heißesten Städte Europas.

Vergleich der Durchschnittstemperatur, des Höchst- und Tiefstwerts im Mai 2018 zwischen Wien (Österreich) und Sevilla (Spanien).

RIP Frühling!
Der Frühling 2018 brachte damit so viele Sommertage wie noch nie, die aufgestellten Rekorde haben die alten regelrecht pulverisiert: Wien – heuer 26 Sommertage, bisheriger Rekord 18; Linz – heuer 22, bisher 17; Bregenz – heuer 15, bisher 10.  Im Ranking ganz vorn: Andau im Seewinkel (B) und Wolkersdorf im Weinviertel (NÖ) mit je 30 Tagen über 25° – kein anderer Ort in Österreich brachte es in einem Frühling je auf mehr (bisheriger Spitzenhalter: Innsbruck mit 27 Sommertagen im Jahr 2007). Blättert man so durch die Klimabücher, findet man sogar Sommer, die da nicht herankommen! Nur der anfangs angesprochene kalte März hat die Thronbesteigung des heurigen Frühlings verhindert; mit einer Abweichung von +2,0° geht er “nur” als der zweitwärmste in die Annalen ein (Platz 1: Frühling 2007, Abweichung +2,1°). Dennoch: Der subjektive Eindruck, der Frühling als Übergangsjahreszeit gehe verloren, scheint heuer so real wie nie. Willkommen im Klimawandel!

Ort 2018 Mittel Rekord
Wien – Hohe Warte 26 7,2 Rekord
St. Pölten 23 7,1 Rekord
Linz 22 7,1 Rekord
Salzburg – Freisaal 22 6,6 Rekord
Innsbruck – Universität 24 8,7 27 (2007)
Bregenz 15 2,9 Rekord
Klagenfurt 9 6,8 17 (2003)
Graz – Universität 15 6,8 19 (2003)
Eisenstadt 23 7,2 Rekord

Juni: Sehr warm
Mit diesem Überschuss an Wärme ging es dann auch ab in den Sommer: Die ersten 3 Juniwochen waren durchwegs sonnig mit Tagesmaxima stets zwischen 25° und 30°, in den Nächten um 15°. Klingt nach idealem Sommerwetter? Ist es auch, nur nicht im Juni. Gerade die Phase des Frühsommers zählt zu den regenreicheren Abschnitten im Jahr, Badetage sind häufig an einer Hand abzählbar. Nicht heuer: Der Juni hat konsequent fortgesetzt, was April und Mai vorgelegt haben, nur auf noch höherem Niveau – Ergebnis: Platz 6 der wärmsten Junimonate in Österreich (Abweichung +1,8°) und damit gleich warm, mancherorts sogar wärmer, als ein gewöhnlicher August! Wenn aber bereits der Juni einen auf August macht, dann muss der Juli dem natürlich Paroli bieten – und zwar mit Hitze.

Wien Innsbruck Sonnblick
2018 Mittel 2018 Mittel 2018 Mittel
April 16,3° 11,2° 15,0° 10,5° -3,1° -7,6°
Mai 19,1° 16,0° 18,0° 15,2° -0,3° -2,9°
Juni 21,8° 18,9° 19,7° 17,9° 1,8° 0,4°
Juli 23,1° 21,1° 21,4° 19,8° 3,8° 3,0°
August 24,9° 21,1° 23,1° 19,6° 5,3° 3,1°

Hinweis: Temperaturabweichungen der Monate April – August für Wien, Innsbruck und dem Sonnblick. Auffällig: Ein jeder Monat ist gleich warm oder wärmer als das Mittel des Folgemonats!

Juli: Noch wärmer
Gleich mal 17 heiße Tage hatte der Juli im Weinviertel (NÖ) und Seewinkel (B) im Portfolio, immerhin 7 waren es in Unterkärnten (K) und im Rheintal (V)  – so viele gibts normal in einem gesamten Jahr nicht! Zugute halten muss man dem Juli, dass die heißen Tage nicht am Stück aufgetreten sind, richtige Hitzewellen sind damit ausgeblieben. Auch waren lange Zeit die Nächte noch halbwegs erholsam, Anfang des Monats wurde es gar richtig frisch: Am Morgen des 02. Juli kam Zwettl im Waldviertel (NÖ) auf einen Tiefstwert von 2,3° – eine kältere Julinacht gab es hier zuletzt 1984. Selbst in Wien lagen in jener Nacht alle Stationen (mit Ausnahme die der Inneren Stadt) im einstelligen Bereich – das hat es im 21. Jahrhundert so noch nicht gegeben. Chapeau! Und vor allem deshalb interessant, weil dieser vergleichsweise kalten Nacht noch eine Rekordzahl an warmen folgen sollte. Dazu später mehr.

August: Extrem
Am Ende hat sich auch der Juli ganz vorne in der Ewigenliste miteingereiht (Platz 12, Abweichung +1,2°) – und damit war bereits nach 2 Sommermonaten klar, dass sich der Sommer unter die wärmsten der österreichischen Messgeschichte reihen wird; selbst ein sehr kalter August (einen solchen hat es das letzte Mal 2006 gegeben) hätte eine Spitzenposition nicht mehr verhindern können. Der August hat es auch gar nicht mal versucht, ganz im Gegenteil: Er setzte die Never-Ending-Wärme-Story nicht nur fort, sondern wurde auch noch extrem.

Lang wie nie
Genaugenommen war der August 2018 nämlich eins: Eine einzige Hitzewelle. Noch nie in der weit zurückreichenden Aufzeichnungsgeschichte Österreichs (immerhin seit 1767) hat eine derart lange gedauert, und zwar 32 Tage in Wien, 29 in Eisenstadt, St. Pölten und Klagenfurt. Bregenz war da mit seinen 16 Tagen ja fast ein Zuckerschlecken, doch bitte bedenkt: Die Vorarlberger Landeshauptstadt liegt am kühlenden Bodensee! Das hat es nicht einmal im Hitze-Sommer 2003 gegeben, einer der schwersten Naturkatastrophen des europäischen Kontinents.

Ort Längste 2018 Rekord
Wien – Hohe Warte 32 Tage Rekord (bisher: 29 / 2003)
St. Pölten 29 Tage Rekord (bisher: 29 / 2003)
Linz 28 Tage Rekord (bisher: 28 / 1971)
Salzburg – Flughafen 12 Tage 21 Tage (1994)
Innsbruck – Universität 18 Tage 20 Tage (1994)
Bregenz 16 Tage Rekord (bisher: 11 / 2003)
Klagenfurt 29 Tage Rekord (bisher: 27 / 2003)
Graz – Universität 28 Tage Rekord (bisher: 27 / 2003)
Eisenstadt 29 Tage Rekord (bisher: 29 / 2003)

Hinweis: Die Dauer von Hitzewellen entspricht nicht der Anzahl von heißen Tagen! Die Auswertung von Hitzewellen erfolgt nach der Kysely-Methode und ist definiert als Zeitraum von mindestens 3 aufeinanderfolgenden Tagen mit einer Höchsttemperatur von 30°, die erst zu Ende geht, wenn entweder die Höchsttemperatur unter 25° oder aber die Mitteltemperatur über den gesamten Zeitraum unter 30° sinkt. Das bedeutet im Klartext: Auch wenn es einmal zum Beispiel “nur” 29,7° hat, ist die Hitzewelle damit nicht beendet. 

Wiener Sommernachtsträume?
Eine jede Hitzewelle bekommt am Ende aber erst das gewisse Etwas, wenn nicht nur die Tage heiß sind, sondern auch die Nächte keinerlei Abkühlung bieten; bleibt die Temperatur oberhalb der 20-Grad-Marke, so sprechen wir Meteorologen von Tropennächten. Eine österreichische Studie aus dem Jahr 2005 konnte zeigen, dass die Auswirkungen einer einzigen Tropennacht die gleiche physiologische Belastung zur Folge hat, wie eine 3-tägige Hitzeperiode! Man kann sich also vorstellen, was es heißt, gleich mehrere dieser Nächte erleben zu dürfen – wer sich’s nicht vorstellen kann, möge doch bitte in die Wiener Innenstadt ziehen: Mit 40 Nächten – davon allein 18 in Folge (!) – wurde hier der Rekord aus dem Jahre 2003 geknackt. Das langjährige Mittel liegt übrigens bei 15.

Ort 2018 Mittel
Wien – Stadt 40 * 15,5
Eisenstadt 13 3,4
Linz 8 1,6
Bregenz 4 1,8
St. Pölten 3 1,1
Graz – Universität 3 1,2
Salzburg – Freisaal 1 0,6
Innsbruck – Universität 0 0,3
Klagenfurt 0 0,2

* Rekord 

Virgen in Osttirol erlebte 2018 seine erste Hitzewelle – mit 10 Tagen Dauer. Willkommen im Klimawandel! (Bild: Wikipedia / Michael Kranewitter / CC BY-SA 4.0)

Von wegen Sommerfrische!

Die Hitze hat übrigens nicht nur die Niederungen heimgesucht, ganz im Gegenteil, selbst über 1000 Meter Seehöhe war sie präsent – wie zum Beispiel in Virgen, im schönen Osttirol. Heiße Tage kommen hier alle Herrgottszeiten mal vor, Hitzewellen waren bis dato gar unbekannt. Heuer aber eine Hitzewelle von sage und schreibe 10 Tagen! Auf 1212 Meter! Ja, ist denn das wirklich die Zukunft, die wir anstreben?

Schaurige Gletscher-Zahlen
Weil wir schon auf den Bergen sind, blicken wir ein wenig höher: Am 17. August 2018 schmelzen am Sonnblick, Österreichs wichtigster Gipfelstation auf über 3000 Meter Höhen in Salzburg, die letzten Zentimeter Schnee; das blanke Eis des Gletschers tritt zutage. 4,60 Meter waren es noch Ende März, der April brachte 50 cm Zuschlag, der Mai nochmals 1 Meter – zweieinhalb Monate später ist davon nichts mehr übrig. Zum letzten Mal schneefrei war der Sonnblick im Sommer des letzten Jahres, exakt zur gleichen Zeit; die Bilanz war horrend: Bis zu 4 Meter Eisdicken-Verlust! Auf der Pasterze um die Ecke in Kärnten, Österreichs größtem und berühmtestem Gletscher, gar bis zu 7 Meter! Noch katastrophaler der Gletscherrückzug im letzten Jahr mit Längenverlusten von bis zu 125 Metern (wie dem Gepatschferner in Tirol) – alleine das zu schreiben, löst bei mir Gänsehaut aus.

Blick auf das schneefreie Kleinfleißkees, einer der Gletscher in den Hohen Tauern, am 20. August 2018. Rechts oben thront das Sonnblick-Observatorium. (Quelle: foto-webcam.eu)

Überlebensstrategie
Anders als im letzten Jahr konnten Österreichs Gletscher heuer aber zumindest kurz mal aufatmen: Ein Kaltlufteinbruch am letzten Augustwochenende brachte auf den Bergen bis zu einen halben Meter Neuschnee – ähnliche Schneemengen gab es zuletzt 2010 bzw. davor 1995.

Neuschnee auf Österreichs Bergen am letzten Augustwochenende 2018. Schneehöhen vom 26. August 2018, 8 Uhr früh (Daten: ZAMG).

Der mediale Aufschrei ob dieses “Wintereinbruchs” war freilich enorm (Schnee im Sommer? Skandal!), für unsere Gletscher ist Sommerschnee aber schlicht überlebensnotwendig: Eine frische Schneedecke schützt das ewige Eis gut 7-10 Tage vor der Sonneneinstrahlung und damit vor dem unwiederbringlichen Abschmelzen. Dass bei jenem Kaltlufteinbruch auch so manches Alpental mit Schnee beglückt wurde, ist dann aber doch eher selten: Selbst Bad Gastein (S) auf 1092 Meter oder auch St. Jakob in Defereggen (T) auf 1383 Meter waren am 26. August 2018 weiß.

Heftiger Kaltlufteinbruch: In Bad Gastein (S) liegt am 26. August 2018 eine Schneedecke von 4 cm  – einmalig in der Messgeschichte seit 1948 (Bildquelle: Webcam).

Summa summarum
Dass am Ende ein, zwei kalte Tage keineswegs wochenlange Dauerhitze wiedergutmachen können, liegt auf der Hand, und damit zieht nicht nur der August 2018 in der Hit(ze)-Liste ganz vorne ein (Platz 4, Abweichung +2,7°), sondern auch der Sommer in der Gesamtbilanz (ebenfalls Platz 4, Abweichung +1,9°). Zwölf Sommer des noch jungen 21. Jahrhunderts liegen damit in den Top 20 der 251 Plätze umfassenden Rangliste (Messbeginn 1767). Zwölf! Von achtzehn! Ja Himmel-Herrgott, was muss denn noch alles passieren , damit die Welt endlich aufwacht und ein Umdenken einsetzt?

2003 2015 2017 2018
wärmster Sommer 2t-wärmster Sommer 3t-wärmster Sommer 4t- wärmster Sommer
Juni +4,3° +1,3° +3,1° +1,8°
Juli +0,9° +3,0° +0,9° +1,2°
August +3,5° +2,7° +2,0° +2,6°
Gesamt +2,9°
+2,4°
+2,0°
+1,9°

Dürre ist der Hitze Schwester
Was Hitzewellen in der Regel zusätzlich verschärft, ist die häufig damit einhergehende Trockenheit; Missernten, Waldbrände und Hitzeschäden sind nur allzu oft Begleiterscheinungen, lokale Gewitter meist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Allein die Landwirtschaft rechnet heuer mit Rekordschäden im dreistelligen Millionenbetrag! Kurzum: Dürre ist der Hitze Schwester – der heurige macht da keine Ausnahme, ganz im Gegenteil. Regentage waren im heurigen Sommer rar gesät, österreichweit gab es gut ein Viertel weniger Niederschlag als im Klimamittel (für die Landeshauptstädte siehe Tabelle). Massiv betroffen übrigens Oberösterreich: Der Zentralraum oder auch das Innviertel erleben eine seit April andauernde Dürre, jetzt im Sommer kam etwa Linz auf ein Niederschlagsminus von 43% (heuer 155 mm / normal 270 mm), Ried im Innkreis auf ein Minus von 42% (heuer 186 mm / normal 320 mm). Derartige Defizite sind für sich genommen schon herausragend, in Verbindung mit Hitzewellen aber geradezu bersorgniserregend, da mit den hohen Temperaturen die Verdunstung ansteigt und so ein Teufelskreislauf in Gang gesetzt wird, der am Ende Auswirkungen bis in tiefere Bodenschichten haben kann und im schlimmsten Falle auch den Grundwasserkörper angreift.

Ort 2018 Mittel Abweichung
Wien – Hohe Warte 22 26,8 -18 %
St. Pölten 18 30,6 -42 %
Linz 23 34,5 -34 %
Salzburg – Freisaal 36 44,9 -20 %
Innsbruck – Universität 35 39,9 -12 %
Bregenz 26 40,8 -36 %
Klagenfurt 29 30,0 -4 %
Graz – Universität 27 31,8 -15 %
Eisenstadt 24 26,4 -10 %

Die Qual der Wahl
Das wiederum hat freilich Auswirkungen auf die Vegetation; viele Bäume waren gezwungen aufgrund des Wassermangels ein Notprogramm zu fahren: Um die Verdunstung (eigentlich Transpiration) zu reduzieren, und so den Wasserverlust zu minimieren, entledigten sie sich bereits Anfang August ihres Kleides und haben begonnen, die Blätter abzuwerfen. Herbstambiente inmitten des Hochsommers! Für den Baum aber schlicht überlebensnotwendig, selbiges rettet ihn schließlich auch Jahr für Jahr über den Winter. Im Sommer aber ein höchst riskantes Spiel: Durch den Blattabwurf beraubt er sich nämlich der Photosynthese, jenem Prozess, der ihn mit Nahrung (Kohlehydrate) versorgt. Der Baum riskiert also aufgrund der Hitze zu verhungern, doch setzt er diesen Schritt nicht, droht das Verdursten wegen der Trockenheit.

Herbst im Hochsommer. Bäume fahren bei Trockenheit ein Notprogramm und lassen ihre Blätter fallen. Aufgenommen Anfang August im Großraum Linz (Bild: Skywarn Austria)

Luluwasser
Wer sich nun ganz auf hedonistisch denkt “Ja, mei der Baum wirds scho überleben, Hauptsache ich kann schwimmen gehen” – Österreichs Gewässer waren heuer auf einem Temperaturniveau wie selten! 32° Wassertemperatur (ich wiederhole: 32 Grad!) Anfang August im Neusiedler See (B), fast 27° im Bodensee (V), überhaupt rekordwarm der Zeller See (S) mit einem Maximum von 25,6° sowie der Mattsee (S) mit 28,7° – mal ganz abgesehen davon, dass da das Schwimmvergnügen enden wollend ist, hat die Wassertemperatur entscheidenden Einfluss auf die Zahl und Zusammensetzung der darin lebenden Tiere und Pflanzen, und damit auch auf die Wasserqualität, die wiederum für den ach so wichtigen Tourismus entscheidend ist. Kurzum: Hitze bedroht unseren Wohlstand – vielleicht lässt sich ja auf diesem Weg der immer mehr um sich greifende Hitzefanatismus ein wenig einschränken.

Packen wir’s an!
Seit nunmehr 5 Monaten war nun ein jeder auf dem Niveau des Folgemonats: Der April ein besserer Mai, der Mai ein guter Juni, bis hin zum August als ein … ja was denn? Leute, das was heute noch als extrem durchgeht, wird morgen bereits normal sein! Das mag vielleicht den einen oder anderen freuen, nur bedenkt: So wie es heute Extremereignisse gibt, wird sie sie auch zukünftig geben – dann sprechen wir nicht mehr von der “längsten Hitzewelle im Sommer”, sondern von der im Frühling. Dann werden Tropennächte nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Dann werden wir uns um die Gletscher keine Sorgen mehr machen müssen, und unsere Badeseen sind Todeszonen. Ist das echt die Zukunft, die wir wollen? Einer Studie aus dem Jahre 2016 zu Folge liegt die Wahrscheinlichkeit bei 90%, dass, wenn wir so weiter machen wie bisher, künftig ein jeder Sommer noch heißer als der bisher heißeste werden wird. Beenden wir den Wahnsinn jetzt, packen wir’s an! Noch haben wir die Zukunft in der Hand, es liegt ganz alleine an uns.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die heißesten Sommer der Periode 1920-2014 ab 2061 zum Standard werden. Links (a) für der Fall ohne Reduktion der Treibhausgase (“worst case”), rechts (b) für den Fall der Stabilisierung der Treibhausgasemissionen. Mehr zu den RCPs gibts hier. Aus: Future risk of record-breaking summer temperatures and its mitigation, Flavio Lehner, et al.; 2016

PS: Ich habe lange gehadert, wie ich meine Bilanz titulieren soll, und mich – trotz Kritik man könne es falsch aufnehmen – für “Endlich ein Ende!” entschieden. Nicht, weil ich mir nicht auch einen schönen Altweibersommer wünsche, oder ich gar jemandem die Sommerlust nehmen möchte, sondern schlicht um hier bewusst einen Gegenpol zur glorifizierenden und aus meiner Sicht mittlerweile untragbaren medialen Berichterstattung zu setzen. Selbst der österreichische Rundfunk spricht bis zuletzt von einem “Supersommer”, der “fein” war. Hitzewellen wurden gar mit “angenehm” umschrieben – wann zum Kuckuck hat der Begriff “Hitze” so eine euphemistische Wandlung widerfahren?! Diese unreflektierten und kurzsichtige Herangehensweise – übrigens ein österreichisches Spezifikum, selbst in Deutschland geht man nach diesem Sommer etwas sensibler mit der Thematik um – ist mir unbegreiflich, und damit stehe ich zum gewählten Titel.

PPS: Auch an der Gesamtzahl der heißen Tage kann man erahnen, wie außergewöhnlich dieser Sommer war: Praktisch überall in Österreich wurde doppelt so oft die 30-Grad-Marke geknackt wie normal, stellenweise sogar bis zu vier Mal so oft! Auch manche Stationsrekorde sind gefallen, wie in Hohenau (NÖ), Landeck (T) oder Virgen (T). Die österreichweit höchste Anzahl an heißen Tagen in einem Sommer hält übrigens Leibnitz (ST) mit 51 (2003) – Hohenau war da also ganz knapp dran.

Ort 2018 Mittel Abweichung
Wien – Stadt 38 21 +80 %
St. Pölten 31 13 +138 %
Linz 31 11 +180 %
Salzburg – Freisaal 31 10 +210 %
Innsbruck – Universität 33 17 +94 %
Bregenz 18 4 +350 %
Klagenfurt 25 14 +79 %
Graz – Universität 24 12 +100 %
Eisenstadt 32 16 +100 %

Dank an Alexander Orlik (ZAMG) und Gerhard Hohenwarter (ZAMG).

1 Kommentar
  1. Wohlfahrt Günter
    Wohlfahrt Günter sagte:

    Diese Jahresanalyse für die ganze Bevölkerung ist schon dramatisch.
    Aber für die Landwirtschaft in den Trocken und Hitzegeplagten Regionen ist das mittelfristig (10 Jahre) der ökonomische Untergang!
    Aber was soll`s die ganze Welt liefert alle Nahrungsmittel ,auch wenn es in Österreich keine Landwirte mehr gibt! Und wenn es 43 Tage (bei uns in der Ortschaft der Rekord ) hindurch nicht regnet ! Für die Urlaubszeit doch ideal ! oder?

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