Österreichische BP-Wahl 2016
Der Klimawandel ist ohne Zweifel eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Der Weltklimarat der Vereinten Nationen fasst in seinem aktuellsten IPCC-Report (2013) die Lage wie folgt zusammen:
Die Erwärmung des Klimasystems ist eindeutig, und viele dieser seit den 1950er Jahren beobachteten Veränderungen sind seit Jahrzehnten bis Jahrtausenden nie aufgetreten. […] Jedes der letzten drei Jahrzehnte war an der Oberfläche sukzessive wärmer als alle vorangegangenen Jahrzehnte seit 1850. […] Die atmosphärischen Konzentrationen von Kohlendioxid, Methan und Lachgas sind auf Werte angestiegen, die seit mindestens 800.000 Jahren noch nie vorgekommen sind.
Doch wie steht die österreichische Politik zum Thema Klimawandel? Anlässlich der Bundespräsidenten-Wahl am 24. April 2016, habe ich alle Kandidaten um Stellungnahme gebeten.
Frage 1
In Österreich sind rund 2/3 der Meinung, dass der Klimawandel ein sehr ernstes Problem darstellt, fast 20 % sehen diesen gar als das größte Problem, mit dem die Welt derzeit konfrontiert ist. Wie sehen Sie das, inwieweit spielt der Klimawandel für Sie persönlich, wie auch politisch eine Rolle?
Frage 2
Was heute kaum jemand weiß: Zum Kampf gegen den Klimawandel wurde in Österreich aufgerufen – nämlich 1985 in Villach. Bekannter ist da schon, dass Österreich innerhalb Europas beim Klimaschutz zu den Schlusslichtern zählt: Das Protokoll von Kyoto wurde nicht einmal ansatzweise erreicht und auch die Erreichung der Ziele für 2020 (Emissions-Reduktion von -16%, Kyoto II) ist ungewiss. Woran liegt es, dass Österreich, wo doch Umwelt und Natur Identifikationsmerkmale sind, just beim Klimaschutz dermaßen Probleme hat? Müsste Österreich in dieser Hinsicht nicht Vorreiter sein? Wenn ja, wie kann dies gelingen?
Frage 3
Neun von zehn Österreichern stimmen der Aussage zu, dass die Bekämpfung des Klimawandels nur wirksam sein kann, wenn alle Länder gemeinsam handeln. Nun findet heuer auch die US-Präsidentschaftswahl statt. Die republikanischen Kandidaten, allen voran Donald Trump, sind bekennende Klimaleugner und haben angedeutet, als US-Präsident den neuen Weltklimavertrag von Paris nicht ratifizieren zu wollen bzw. aus diesem wieder auszusteigen. Was würden Sie als mögliches österreichisches Staatsoberhaupt einem möglichen US-Präsidenten Trump entgegnen?
Frage 4
Studien zeigen, dass beim derzeitigen Syrien-Konflikt der Klimawandel eine Mitschuld trägt. Kurz vor Ausbruch der zu Beginn friedlichen Proteste in Syrien, suchte das bislang schwerste und längste Dürre-Ereignis der Geschichte die Region heim: Von 2006-2010 sank die Weizenproduktion in manchen Jahren um mehr als die Hälfte, 75% der Bauern hatten ihre Existenzgrundlage verloren, 1,5 Millionen Syrer mussten bereits damals umsiedeln. Auch wenn diese Thematik im Angesicht des jetzt dort herrschenden Terrors unbedeutend erscheinen mag, so wirft diese, ob der aktuellen Ohnmacht Europas punkto Asylsuchender, eine ganz essentielle Frage auf: Wie begegnet Europa, ja die gesamte Welt in Zukunft Menschen, die nicht vor Krieg oder Verfolgung fliehen, sondern vor Dürre, Hitze oder Meeresspiegelanstieg? Wird der Klimawandel ein Asylgrund? Gibt es in Zukunft so etwas wie den „Klimaflüchtling“?
Frage 5
Ungeachtet des Nicht-Erreichens der Kyoto-Vorgaben, sind die Privat-Maßnahmen der österreichischen Bevölkerung innerhalb der Europäischen Union auf höchstem Niveau. 51% (EU: 36%) nutzen regelmäßig umweltfreundliche Alternativen zum Privatauto, 29% (EU: 13%) vermeiden – soweit möglich – Kurzstreckenflüge. Unangefochten aber ist der Anteil derer, die Wert auf lokal und saisonal produzierte Lebensmittel legen: Mit 64% (EU: 49%) ist dieser höher als in jedem anderen Land der EU. Wie sieht Ihr persönlicher Beitrag zum Klimaschutz aus und was würden Sie sich vonseiten der Politik wünschen?
Ich danke allen Kandidaten für ihre Antworten und wünsche einen fairen Wahlkampf!
Die Studien zu meinen Fragen:
Special Eurobarometer 435: Climate Change; TNS political & social at the request of the European Commission; May-June 2015 (online verfügbar: Gesamtbericht, Österreich-Teil)
Water, Drought, Climate Change and Conflict in Syria; Gleick, P; AMS, Juli 2014 (online verfügbar)
Climate change in the Fertile Crescent and implications of the recent Syrian drought; Kelley, C.P. et al., PNAS vol. 112 no. 1, 2015 (online verfügbar)
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