Ernüchternde Winterbilanz

Danke, Februar!
Und wieder ein Winter, der seinem Namen nicht gerecht wird! Lediglich der Feber konnte einen Totalreinfall verhindern, indem er einfach „normal“ war – weder zu kalt, noch zu warm. Dezember und Jänner allerdings haben auch diesmal mehr als enttäuscht – eine Bilanz zum Winterende.

Erinnerungen
Wir erinnern uns: Von einem Rekord-Herbst kommend, hatte es der Winter von Beginn an schwer, durchzustarten. Bis weit über Weihnachten lagen die Temperaturen jenseits von Gut und Böse, erst am 10. Dezember gab es in vielen Regionen Österreichs den allerersten Nachtfrost – so spät wie nie im Jahr. Hoffnung auf Winter kam mit dem Jahreswechsel: eine kurze, aber doch ordentliche Kältewelle brachte nicht nur landesweit Minusgrade, sondern überhaupt die tiefsten Temperaturen des gesamten Jahres 2014.

Sommer im Winter
So schnell wie es kalt wurde, so schnell wurde es im neuen Jahr auch wieder warm. Was heißt warm, gleich mal frühsommerlich – mitten im Hochwinter! In Kärnten und der der Steiermark wurden am 10. Jänner mit knapp 22 Grad gleich mal neue Monatsrekorde aufgestellt:

 Höchstwerte Hl. Abend Silvester  10. Jänner
Wien / W 12,5°C -2,0°C 17,7°C
Graz / ST 8,2°C -2,2°C 21,7°C   Rekord!
Salzburg / S 6,5°C  0,6°C 20,9°C
Obervellach / K 8,7°C -6,4°C 21,7°C   Rekord!

Über Schuld und Unschuld
Der Grund für den bis dahin warmen Winter waren die ewigen Westwetterlagen (mit Pause zum Jahreswechsel), die fast immer den Tod für den mitteleuropäischen Winter bedeuten. Bei diesen Wetterlagen kommt die Luftmasse nämlich direkt vom Atlantik – ist damit oft feucht, allerdings selten kalt. Heuer kam noch erschwerend hinzu, dass nicht einmal die Berge davon profitieren konnten, lag doch die Schneefallgrenze erstaunlich häufig außergewöhnlich hoch. Erst im letzten Jännerdrittel war damit Schluss, im Bergland konnte sich endlich halbwegs winterliches Wetter durchsetzen. Auch im Flachland waren zwei interessante Schneefallereignisse im Anrollen, die sich’s dann aber kurz vor Eintreffen anders überlegt haben (wofür wir Meteorologen nun wirklich nichts können).

Semesterferien de luxe
Der Februar seinerseits war denn geprägt von einer mächtigen Hochdrucklage, sehr zum Jubel aller in den Semesterferien: Alle Bundesländer sind in den Genuss einwandfreien Schiwetters gekommen, mit wochenlang blitzblauem Himmel und einer perfekten Fernsicht von 100 km und mehr! Übrigens hatte auch in Wien erstaunlich oft die Sonne das Sagen – das hat Seltenheitswert, zählt ja die Bundeshauptstadt bei solchen Lagen sonst zu den Hochnebelkandidaten schlechthin (siehe auch Die Krux mit dem Nebel). Dafür gab es hier am 9. Februar etwas, das ebenso Seltenheitswert genießt und eher aus den USA bekannt ist: einen Blizzard1.

Blick auf Innsbruck

Blick auf Innsbruck am 13.02.2015 – ein Hochdruckgebiet sorgte für wochenlanges Schönwetter in den Semesterferien 2015. (Foto: foto-webcam.eu)

Schneesturm auf amerikanisch
Ein solcher zeichnet sich weniger durch die Menge des fallenden Schnees, denn viel mehr durch die Windgeschwindigkeit aus (Böen von über 56 km/h über einen Zeitraum von 3 Stunden). Genaugenommen ist Schneefall auch gar keine Voraussetzung für einen Blizzard, es reicht wenn der Schnee schon liegt und vom stürmischen Wind aufgewirbelt wird. Wie auch immer, der 9.Februar wird vielen Wienern in Erinnerung bleiben, sind doch innerhalb von nur 12 Stunden bis zu 20 cm Schnee gefallen – nicht schlecht! Aber: Ein Tag Schnee macht noch keinen Winter, bereits in der folgenden Nacht setzte auch schon Tauwetter ein.

Blizzard über Wien

Am 09. Februar 2015 zog ein “Blizzard” über Wien – ein seltenes Ereignis. (Foto: APA)

Schneereiches Ländle
Wenn wir schon beim Schnee sind, so möchte ich nicht verschweigen, dass ein Bundesland heuer zumindest punkto Schnee gar nicht mal so schlecht abgeschnitten hat: Vorarlberg! In Bregenz beispielsweise gab es heuer 50 Schneedeckentage – und damit mehr als in allen anderen Landeshauptstädten. Hut ab! Der Grund: Anders als Wien, hatte das Ländle häufig mit Hochnebel zu kämpfen (und wie wir wissen, unterm Nebel bleibt es oft kalt), auch ist der Föhn heuer ausgeblieben. Gefallener Schnee konnte sich somit lange halten.

Bregenz Schneedeckentage

Schneedeckentage in Bregenz (Daten ZAMG, Graphik wetterblog.at)

Unter’m Strich
In allen anderen Bundesländern hingegen standen im Februar oft milde Tage kalten Nächten gegenüber – nach Adam Riese für die Temperatur-Bilanz ein Nullnummernspiel (kalt und warm gleicht sich im Mittel aus). Unter dem Strich schließen somit die Monate wie folgt ab (im Vergleich mit dem letzten Winter, sowie dem wärmsten Winter der österreichischen Messgeschichte 2006/07):

  2014/15 2013/14 2006/07
Dezember +2,5° +1,5° +1,6°
Jänner +2,7° +3,3° +4,7°
Feber +0,1° +3,3° +3,9°
Gesamt +1,7° +2,7° +3,4°

Die Platzierung
Summa summarum bedeutet das für den Winter 2014/15 Platz 8 – und damit Einzug in die Top Ten der wärmsten Winter in Österreich. Dabei hätte es noch schlimmer kommen können, denn bis Mitte Jänner war der Winter sogar noch auf Rekordkurs (siehe Winter-Halbzeit)! Gröberes hat wie gesagt der Feber verhindert.

Temperaturabweichung Winter 2014/15

Temperaturabweichung Winter 2014/15 zum langjährigen Mittel 1981-2010. Österreichweit war der Winter zu warm! (Graphik: ZAMG)

Frühlingsbeginn!
Aber nun genug vom Winter und willkommen im Frühling! Dieser beginnt ja mit 1.März – zumindest für uns Meteorologen. Astronomen gehen da bekanntlich eigene Wege, für sie beginnt der Frühling erst am 20. März (heuer um exakt 23:45 Uhr). Warum dieses Datum noch immer in jedem Kalender steht, verstehe wer will – vermutlich der Tradition wegen. Wie auch immer, heuer dürfte der Frühling keinen Turbostart (wie im vergangenen Jahr) hinlegen. Im Gegenteil, die erste Monatshälfte sieht sogar sehr unterkühlt aus – eine Pseudo-Fortsetzung des Winters 2014/15, der nie Winter sein wollte.

PS: Wer sich nicht den meteorologischen Jahreszeiten beugen möchte, das klassische Frühlingsdatum, das viele von uns noch in der Schule gelernt haben (21.März) stimmt seit dem Jahr 2011 nicht mehr – der Frühling startet nun jährlich am 20. März! Der Grund hierfür ist ein rein rechnerischer: Laut Definition beginnt der astronomische Frühling, wenn die Sonne den Himmelsäquator überschreitet. Dies passiert alle 365 Tage, 5 Stunden, 48 Minuten und 45 Sekunden. Ein Jahr dauert allerdings im Mittel (also mit Einberechung der Schaltjahre) 365 Tage, 5 Stunden, 49 Minuten und 12 Sekunden. Kompliziert, oder? Wir Meteorologen machen es der Welt somit nur einfach, in dem wir sagen, der Frühling beginnt am 1.März. Basta! :)


Fußnoten:
Genaugenommen war dies ein Schneesturm und kein Blizzard. Denn nicht jeder Blizzard wäre eine Schneesturm, obwohl die deutsche Übersetzung von “blizzard” tatsächlich “Schneesturm” ist. Verwirrend, ich weiß, der Unterschied liegt aber in der Definition. Für einen Schneesturm  benötigen wir (wie dem Namen schon zu entnehmen ist) Sturm – also eine Windgeschwindigkeit von mindestens 74 km/h (Definition des Deutschen Wetterdienstes). Für einen Blizzard allerdings wären schon 56 km/h ausreichend (Definition des Amerikanischen Wetterdienstes).

Dank an Thomas Kumpfmüller (AustroControl)

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